Rückwärtsfahren auf dem Parkplatz
Thema
Der Bundesgerichtshof hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Zwei Kraftfahrzeuge fahren jeweils rückwärts aus ihrer Parkbucht auf einem Supermarktparkplatz (privat, aber öffentlich zugänglich) heraus und stoßen aneinander. Fahrzeug A fuhr in die Seite von Fahrzeug B, wobei allerdings nicht ausgeschlossen werden kann, dass Fahrzeug B zum Zeitpunkt der Kollision bereits stand. Mit seinem Urteil hat der BGH nunmehr eine Grundsatzentscheidung vorgelegt, wie mit dem sog. Anscheinsbeweis bei Parkplatzunfällen zu verfahren ist.
Der typische Anscheinsbeweis kommt immer dann zur Anwendung, wenn beide Fahrzeuge rückwärts gefahren sind und im Zeitpunkt des Zusammenstoßes auch noch in Bewegung gewesen sind.
Relevanz
Nach überwiegender Rechtsprechung wurde bisher beiden Fahrzeugführern eine Haftung von 50% zugesprochen, da ihnen ein Sorgfaltspflichtverstoß gemäß § 9 Abs. 5 StVO vorgeworfen werden konnte.
Der Bundesgerichtshof hatte sich hauptsächlich damit beschäftigen müssen, wer die alleinige bzw. überwiegende Haftung trägt, sofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass bereits ein Fahrzeug gestanden hat. Im entschiedenen Fall konnte nicht ausgeschlossen werden, dass ein Fahrzeugführer bereits stand. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass in solchen Geschehensabläufen der Anscheinsbeweis nicht zur Anwendung gelangt.
Fazit
Eine leichtfertige Anwendung des Beweises des ersten Anscheins kann nach dem BGH- Urteil nicht mehr vertreten wer-den. Vielmehr muss nunmehr ermittelt werden, ob einer der Fahrzeugführer bereits vor der Kollision zum Stillstand gekommen ist.
Die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen, da nunmehr die Verschiedenheit der Parkplatzunfälle herausgearbeitet werden muss und eben nicht jeder rückwärtsfahrende Verkehrsteilnehmer zwingend die hälftige Haftung übernimmt. Nur wenn für den bereits stehenden Fahrzeugführer die Kollision unvermeidbar war, wird er seinen Schaden zu 100% ersetzt bekommen.
weitere Fachthemen-Veröffentlichungen